Jutta Failing
Wanda Pratschke... …geht mit der Axt so virtuos um wie mit dem Zeichenstift

Wanda Pratschke [Foto: Martin Url]

Unbesiegte. Weib mit Granatapfel. Große Frau – ein Fels. Dass selbstbewusste, schwere, manchmal überlebensgroße Frauen Wanda Pratschkes Lebensthema sind, deuten schon die Titel ihrer Bronzen an. Einzeln oder in der Gruppe geben sie weiblicher Stärke und Macht Gestalt. „Ich war immer eine Rebellin. Ich sollte Lehrerin werden, aber an einer Schule hätte mir meine Freiheit gefehlt“, sagt die 1939 in Berlin geborene Künstlerin, die mit einer Axt ebenso virtuos umgehen kann wie mit einem feinen Zeichenstift. Kurz vor dem Mauerbau kam die damals frischgebackene Bühnenbildnerin nach Frankfurt. In der Tasche hatte sie eine Empfehlung von Gustav Gründgens. An den Städtischen Bühnen, lernte sie dann konzeptionell zu arbeiten. Weitere Lektionen erteilte der alleinerziehenden Mutter zweier Töchter das Leben. Nach langer Auszeit wagte sie den Neustart und studierte am Städel Malerei und Bildhauerei. Bis dies begann, sie zu langweilen: „Wanda mit ihren runden Frauen" stichelten Kommilitonen. Nach zähen Jahren folgte schließlich der Durchbruch. Galerien und Sammler wurden aufmerksam. Auch mit Plastiken im öffentlichen Raum setzt Pratschke Zeichen. Darunter die „4 Frauen“ am Flughafen oder die „Große Stehende“ in den Frankfurter Wallanlagen. Anpassen werde sie sich nie, sagt die Bildhauerin. ,,So wie ich bin, das muss man aushalten.“

Ihr Atelier hat Pratschke in der Frankfurter Ostparkstraße. Während die frühen Frauenkörper oft gebeugt erscheinen, kommen sie inzwischen leichter und aufrecht daher. Als kehrten sie gerade glücklich von einer Heldinnenreise zurück. Raue Bearbeitungsspuren sind typisch für Pratschkes Arbeiten und durchaus vergleichbar mit den Höhen und Tiefen, die sie auf dem Weg zu einer souveränen Künstlerin durchlebte. Dennoch: „Die Kunst hat mich innerlich befreit, und Freiheit ist ein wunderbares Gefühl.“ Die für sie charakteristische Stärke sei schon als Kind in ihr angelegt gewesen. Manchmal sah sie ihrem Großvater, einem Schmied, bei seiner Arbeit mit dem Hammer zu. Daher rührt womöglich ihre Fähigkeit, zupacken zu können. Auch war sie immer konsequent. „Bei mir muss eine Skulptur ‚richtig‘ sein, sie muss stimmen. Neufindung statt Wiederholung. Stimmt die Figur nicht, zerstöre ich sie, was nicht selten vorkommt.“ Kaum jemand baue heute noch so groß wie sie, sagt die Künstlerin. So verarbeitet sie zentnerweise Gips, um den von ihr konstruierten Drahtgerüsten erste Gestalt zu geben. Mittlerweile zwinge sie allerdings das Alter, allmählich zu kleineren Formaten überzugehen. Anlässlich ihres 80. Geburtstags am 25. Februar zeigen gleich zwei Ausstellungen einen Querschnitt durch ihr jüngeres Schaffen. Neben der Schau in der Galerie Hanna Bekker vom Rath gruppiert sie im Kunstverein Montez Gipsarbeiten und Zeichnungen um die „Große Frau – ein Fels“. Beteiligt sind dort außerdem ihre jüngere Tochter Katja Pratschke, eine preisgekrönte Medienkünstlerin, und deren Lebenspartner, der ungarische Videokünstler Gusztáv Hámos.

aus: einspluseins